Dienstag, 7. Januar 2014

Erklärungsversuche

Den letzten Post habe ich ziemlich direkt nach unserer Bootsfahrt auf dem Mekong geschrieben. Wir waren gestresst und haben uns von den Laoten schlecht behandelt und abgezockt gefühlt. Ein paar Tage später, wenn man noch einmal über das Ganze nachdenkt, fallen einem aber auch andere Dinge auf. Wir sind mit dem public Slow Boat gefahren. Das ist das öffentliche Verkehrsmittel, dass ursprünglich oder eigentlich auch heute noch, als Transportmittel für die Einheimischen dient. Es kostet nur 220.000 kip, also ca 20€ für zwei Tage Fahrt. Für uns war das Ziel auf unserer Reise immer möglichst viele lokale Fortbewegungsmittel zu nutzen. Nicht hauptsächlich um Geld zu sparen, sondern weil man so einfach mehr von Land und Leuten mitbekommt. In dem Fall mit dem Slow Boat sind aber kaum noch lokale Leute an Board. Das Boat ist voll mit Touristen aus aller Welt, die sich so daneben benehmen, dass es einem selber peinlich ist. Es wird getrunken, gegrölt, gesungen. Ein Mitfünfziger hat nichts Besseres zu tun, als seiner jungen thailändischen Begleiterin die ganze Fahrt über am Hintern rumzugrabschen. Ich sehe jetzt noch die laotischen jungen Mädchen und einen älteren laotischen Herren vor mir, die das Treiben völlig irritiert beobachten.

Mehrere Laoten haben uns gefragt, warum wir das public Boat nehmen. Es hätte auch noch eine vierte Mögliche gegeben von Huay Xai nach Luang Prabang zu kommen. Man kann sich ein privates Boat mieten. Das kostet dann ca. 120€. Ich glaube für die Laoten ist es völlig unbegreiflich warum reiche Touristen nach Laos kommen, um Urlaub zu machen und so geizig sind, dass sie sich alle auf das public Boat quetschen, sodass es kaum noch Platz für die Einheimischen gibt. Und sich dann auch noch völlig daneben benehmen. Außerdem beschweren sich sogar die Touristen, die einen bequemen Sitz haben, ständig über irgendwas. Früher gab es nur Holzbänke. Ich finde es immer noch verantwortungslos ein Boot so zu überladen, aber die lokalen Verkehrsmittel sind fast immer überladen und das wird sich wahrscheinlich auch erst mit mehr Bildung oder Sicherheitsverständnis ändern. Darf man sich als Tourist der sich dort reindrängt dann überhaupt beschweren? Müssten sich nicht eher die Laoten über die Touristen und ihr Benehmen beschweren? Mittlerweile bin ich mir unsicher.

1 Kommentar:

Rainer hat gesagt…

Liebe Katrin, lieber Sebastian,
für mich ist das, was Ihr beschreibt, wohl typisch für unsere so genannte globalisierte Welt. Einerseits ist sie ein globales Dorf geworden und es besteht, zumindest für einen (kleineren) Teil der heutigen Menschheit, prinzipiell die Chance, überall hinzureisen. Andererseits prallen aber auch sehr verschiedenartige Kulturen und Mentalitäten aufeinander, die sich zum Teil nicht wirklich verstehen und (erst mal?) ein Stück fremdartig bleiben. Das ist ja schon hier in Deutschland so, das erst langsam beginnt, sich mit der Tatsache der Migration auseinander zu setzen und zu realisieren, dass nun halt Menschen mit einem ganz anderen Hintergrund hier dauerhaft leben, eine Chance und eine Aufgabe, auf die leider immer noch (zu) viele mit Abwehr und Vorurteilen reagieren.
Euer Blick geht im Hinblick auf Euer Erlebnis ja in beide Richtungen. Das Problem der Touristen, die sich, von ihrem relativen Reichtum her, so benehmen, als könnten sie ohne Rücksicht einfach alles tun, was ihnen gefällt, ist dabei ziemlich unangenehm. Die Frage, ob auch die Laoten künftig mal mehr auf Sicherheit achten, ist wahrscheinlich in erster Linie eine der Resourcen, der finanziellen Möglichkeiten, die so ein Land hat und auch davon abhängig, wer wie darüber entscheidet, wie die Mittel eingesetzt werden.
Wie auch immer, aus der Ferne hat man leicht reden. Für mich ist aber Eure Reflexion über dieses Erlebnis schon sehr interessant, auch wenn sie naturgemäß mehr Fragen aufwirft als dass man sich Antworten vorstellen kann.
Danke also auch dafür und nochmals liebe Grüße, Euer Rainer

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