Montag, 10. Februar 2014

Die Killing Fields

Dieser Ort ist der bedrückenste Ort den ich je besucht habe. Ich war als Jugendliche in einem Konzentrationslager in Deutschland und die Killing Fields sind vergleichbar damit, aber irgendwie ist das hier heute noch unerträglicher. Im Prinzip ist die Geschichte Kambodschas von 1975 - 1979 ähnlich der zur Hitlerzeit Deutschlands. Pol Pot, ein verrückter Fanatiker, gewinnt die Macht und hetzt die arme ländliche Bevölkerung gegen die angeblich reiche Bevölkerung in den Städten auf. Er macht ihnen weiß, dass die Menschen in den Städten gut leben und an der Armut der ländlichen Bevölkerung schuld seien. Irgendwie schafft er es so viele Anhänger zu bekommen, dass er die Städte innerhalb von drei Tagen räumen lassen kann. Unzählige Menschen werden zu den Killing Fields gebracht. Jeder vierte Kambodschaner fällt dem Regime von Pol Pot zum Opfer.

Jeder der eine Brille trägt, Lehrer oder sonst irgendwie gebildet ist, wird ermordet. Die Grausamkeit, die zur Durchsetzung seiner Interessen angewandt wurde, macht mich wieder einmal sprachlos. Es wurden Methoden gesucht um Erwachsene, Kinder und Säuglinge möglichst kostengünstig zu töten, da Munition zu teuer war. Beteiligte sagen aus, dass sie dazu gezwungen wurden und ihnen nichts anderes übrig blieb. Ich frage mich, ob ich nicht lieber selber sterben würde bevor ich so etwas tun würde. Kann die eigene Todesangst einen soweit treiben? Ich weiß es nicht.

Wir fahren mit dem Tuk Tuk erst mal durch eine sehr arme Gegend Phnom Penhs. Nicht alle profitieren vom Tourismus. Gestern haben wieder Textilarbeiter wegen der miesen Löhne protestiert. Was macht die Regierung? Demonstrationsverbot aussprechen. So kann man es natürlich auch machen, wenn man Menschen zum schweigen bringen will. Am Tag unserer Abreise findet wieder eine große Demonstration im Freedom Park statt. Polizei und Demonstranten gehen aufeinander los. Die Mönche ziehen die verletzten aus der Menge und laden sie auf Tuk Tuks. Wir bekommen in unserem Touriviertel erst mal nichts davon mit, aber im Bus nach Siem Riep sitzen viele Einheimische, die sich die Videos auf YouTube anschauen.

An den Killingfields angekommen zahlen wir mittlerweile zwölf Dollar Eintritt. Ein Japaner hat das Ganze übernommen. Das wundert uns sehr. Ob er wirklich Gewinn mit der tragischen Geschichte Kambodschas macht?! Man macht eine Audiotour über das Gelände vorbei an ca. zwanzig Punkten zu denen Überlebende berichten. Außerdem kann man sich einen Film anschauen und in der Stadt gibt es noch ein Museum. Nach einigen Minuten treffen wir auf einen weinenden Mann. Wir wissen nicht genau was er hatte, aber an Punkt 15 ist mir dann auch nur noch zum Heulen zu mute und ich breche ab. Sebastian kann besser damit umgehen, aber er sieht das Ganze auch schon zum zweiten Mal. Es wird einem so bildlich vor Augen geführt was an diesen Orten genau passiert ist, dass ich es nicht mehr ertragen kann. Ich verzichte lieber auf den Film und das Museum.

Man hat ein bisschen das Gefühl, dass das Land bzw. die Menschen in Kambodscha noch heute unter der Zeit von Pol Pot leiden. So lange ist es auch noch nicht her. Vielleicht kommt es mir auch nur so vor. Kambodscha gehört auf jeden Fall immer noch zu den ärmsten Ländern dieser Welt und hat enorme politische und wirtschaftliche Probleme.

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2 Kommentare:

Rainer hat gesagt…

Liebe Katrin, lieber Sebastian,
danke für diesen Bericht. Es ist eine grauenhafte Tragödie, die Kambodscha heimgesucht hat. Auch dies in gewisser Weise ein Erbe des Vietnam-Krieges, denn erst durch den Sturz und die Vertreibung des Staatschef Prinz Sihanouk 1970, der versucht hatte, das Land aus dem Krieg einigermaßen herauszuhalten, und der von den USA unterstützen Militärherrschaft des General Lon Nol wurden die so genannten Roten Khmer stark und von der Bevölkerung unterstützt, die unter den amerikanischen Bombardements litten. Natürlich wurde das Land auch von der kommunistischen Seite instrumentalisiert, die auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad durch Kambodscha den militärischen Nachschub nach Südvietnam sicherstellten.
Aber das erklärt alles nicht das Grauen, das Pol Pot und seine Anhänger über dieses Land und seine Menschen brachten. Woher sein pathologischer Hass gegen die Städte und die Städter kam und warum eine derartige Brutalität und Vernichtungsmentalität so wirksam werden konnten, das entzieht sich wahrscheinlich genauso einer rationalen Erklärung wie der unbedingte Wille der Nationalsozialisten in Deutschland, möglichst alle Juden umzubringen.
Ich kann gut nachvollziehen, wie es ist, sich den Zeugnissen dieses Terrors so direkt auszusetzen, wie ihr es von dem Besuch der Killing Fields beschreibt. Es ist und bleibt ein verstörender Gedanke, wozu Menschen gegenüber ihresgleichen fähig sind. Und ein Dank gebührt den vietnamesischen (ebenfalls kommunistischen) Invasionstruppen, die 1978 dem Terror der Roten Khmer ein Ende bereiteten.
Nochmals danke für diesen Bericht, der zum Nachdenken anregt.
Liebe Grüße Euer Rainer

Martina hat gesagt…

Liebe Katrin,
ich denke, du empfindest da ganz richtig, lieber selbst sterben, als so etwas tun.
Leben um jeden Preis ist nicht wirklich leben. Wie soll man mit so einer Schuld dann noch klar kommen. Ich glaube nicht, dass man das wirklich verdrängen kann und jemals nochmal
glücklich sein kann.
Ich kann mir Details solcher Grausamkeiten auch nicht ansehen. Es reicht, was man schon so gehört hat. Ich kann gut verstehen, dass du diese Besichtigung abgebrochen hast.
Man hat dann Bilder im Kopf, die man nicht mehr los wird.

Viele Zeugen Jehovas sind ja in der Hitlerzeit auch im KZ gewesen. Ihr fester Glaube, dass Gott einem in solchen Situationen hilft das Richtige zu tun, war für sie eine enorme Kraftquelle ihre Angst zu überwinden. Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass ich das in einer solchen Situation auch kann.

Habt noch einen schönen Resturlaub und schöne Erlebnisse beim Tauchen.

Liebe Grüße
Mama



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